DIESSEN am Ammersee, 30.09.2024
Wenn Patienten in Krankenhäusern und Altenheimen die Gelegenheit haben, in ihrer Muttersprache zu kommunizieren oder von Fachkräften mit ähnlichem kulturellen Hintergrund betreut zu werden, steigert dies ihr Gefühl von Sicherheit - sie fühlen sich verstanden. Dadurch entsteht ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Pflegekräften und Patienten, was sich positiv auf die Behandlungsergebnisse auswirkt. Selbstverständlich stehen interkulturelle Teams in pflegenden Berufen auch vor Herausforderungen, wie beispielsweise unterschiedlichen Kommunikationsstilen oder Arbeitsmethoden. Eine offene Kommunikation und ein respektvoller Umgang sind entscheidend, um mit diesen Herausforderungen umzugehen. Daher ist die Etablierung einer offenen Teamkultur, in der Mitarbeitende ermutigt werden, ihre kulturellen Perspektiven und Anliegen zu teilen, von großer Bedeutung.
Das 3. Dießener Pflegesymposium der Psychosomatischen Klinik Kloster Dießen
Um den Veränderungen im Gesundheitswesen erfolgreich zu begegnen, ist es unerlässlich, die Erkenntnisse über die Bedeutung kultureller Vielfalt in der Pflege weiter zu verbreiten. In diesem Kontext lud die Psychosomatische Klinik Kloster Dießen am 20. September 2024 zum 3. Dießener Pflegesymposium ein. Die Veranstaltung stellte mit Vorträgen externer und interner Referenten eine Plattform für den Austausch über interkulturelle Ansätze in der Pflege dar, an der über 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Pflegeberufen in Kliniken und Altenheimen sowie Personalverantwortliche in medizinischen Einrichtungen sowie Pflegeschüler verschiedener Schulen teilnahmen.
Petra Bohatsch, Leitung Pflege und Co-Therapie der Psychosomatischen Klinik Kloster Dießen und Organisatorin des Dießener Pflegesymposiums, erklärt zum Thema des diesjährigen Pflegesymposiums: „Interkulturelle Kompetenz ist heute mehr denn je gefragt, um Missverständnisse zu vermeiden, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen und eine Kultur des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit zu fördern. Dabei geht es nicht nur darum, kulturelle Unterschiede zu tolerieren, sondern sie aktiv als Bereicherung für unser Miteinander und unsere Arbeit zu verstehen.“
Inhalte der Veranstaltung: Der Vortrag zu Kultursensibilität von Silke Ettling
Zu den geladenen Referenten gehörte Silke Ettling, die als Ethnologin ihr Fachwissen zu interkultureller Kompetenz im Gesundheits- und Sozialwesen in Vorträgen und Coachings weitergibt. Sie ging im Rahmen des Symposiums darauf ein, dass die kulturelle Diversität in den Pflegeteams stetig zunimmt. Doch was ist das eigentlich, diese Kultur? Und wie wirkt sie sich auf unser Denken, Fühlen und Handeln aus? Wo macht sich die eigene Kultur im Stationsalltag bemerkbar? „Häufig dort, wo man sie gar nicht vermutet,“ erklärt die Referentin. „Das Unvermögen, kulturelle Regeln zu erkennen, die uns nicht bewusst sind, belastet den Arbeitsalltag und beeinträchtigt die Teamdynamik.“ Für besseres gegenseitiges Verstehen ist es der Referentin zufolge zunächst wichtig, eine Sensibilität dafür zu entwickeln, dass die eigenen Erwartungen an bestimmte Kommunikationsmuster nicht automatisch von Kolleginnen und Kollegen geteilt werden. Auch eine grundsätzliche Bereitschaft, bestehende Kulturkonflikte wahrzunehmen und zugewanderte Kolleg*innen nicht zu einer bedingungslosen Anpassung zu zwingen, sorgt für eine entspannte Zusammenarbeit in multinationalen Teams. Für Fach- und Führungskräfte in pflegenden Berufen ist es also von großer Bedeutung, zum Beispiel durch interkulturelle Trainings kulturspezifische Konfliktpotentiale im Team zu erkennen und dabei zu helfen, konstruktive Lösungen zu finden.
Mut zur Lücke: Kompetenzlosigkeitskompetenz nach Mecheril
Dem einen oder anderen Teilnehmer der Veranstaltung mag an diesem Tag bewusstgeworden sein, dass diese kultursensible Zusammenarbeit zunächst vielleicht einen Schritt aus der eigenen Komfortzone bedeutet. Um für sich selbst entspannter an das Thema heran zu gehen, verweist die Referentin Silke Ettling auf den Migrationspädagogen Paul Mecheril: Seine sogenannte „Kompetenzlosigkeitskompetenz“ verzichtet auf den eigenen Perfektionsanspruch: wichtig sei die Haltung, eigenes Nichtwissen zuzulassen und sich davon abzugrenzen, als Führungskraft perfekt funktionieren zu müssen. Auch eine Art universelles Lösungsschema für interkulturelle Begegnungsprobleme kann es aufgrund der Individualität der Beteiligten und der jeweiligen Situation nicht geben. Wichtig ist doch, mit offenem Auge und offenem Herzen auf andere zuzugehen. Denn wir sind alle Menschen.
Petra Bohatsch, Leitung Pflege und Co-Therapie der Psychosomatischen Klinik Kloster Dießen, fasst es in Ihrem Schlusswort zusammen: „Lassen Sie uns voneinander lernen und die Vielfalt bewusst, kompetent und herzlich in unseren Arbeitsalltag integrieren.“
Weitere Informationen zur Veranstaltung
Das 3. Dießener Symposium für Pflegekräfte mit dem Titel „Interkulturelle Aspekte im Pflegeberuf.
Durch Diversität im Team den Herausforderungen unserer Zeit begegnen: Kulturelle Vielfalt und Ihre Facetten im medizinischen Arbeitsalltag“ fand am 20. September 2024 von 10 – 18 Uhr statt. Veranstaltungsort war der Dießener Traidtcasten, der sich direkt neben der Psychosomatischen Klinik Kloster Dießen befindet.
Auf dem Foto sehen Sie (v.l.n.r.): Petra Bohatsch, Leitung Pflege und Co-Therapie der Psychosomatischen Klinik Kloster Dießen und Organisatorin des 3. Dießener Pflegesymposiums, zusammen mit den Referentinnen der Fortbildungsveranstaltung: Schwester Veronika Häusler, Elisabeth Wesselman, Birgit Cammerer, Silke Ettling und Stefanie Wack. (Copyright: Julia Benninger)