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Freiburg kämpft für Erhalt der Neonatologie am St. Josefskrankenhaus

Artemed, 01.08.2024

An der geplanten Schließung der Neugeborenen-Intensivstation des St. Josefskrankenhauses in Freiburg gibt es viel Kritik – nun wurde für ihren Erhalt demonstriert. Hunderte fanden sich hierfür auf dem Platz der Alten Synagoge ein.

Die Neugeborenen-Intensivversorgung in Freiburg ist derzeit mit einem großen Fragezeichen behaftet und führt bei werdende Eltern zu Unsicherheit und Irritationen. 6.228 Unterschriften einer Freiburger Familie hervorgerufene Petition belegen die Bedeutung der Geburtshilfe am St. Josefskrankenhaus für die Bevölkerung. 

Hintergrund ist eine im Jahr 2015 unter Beteiligung des Sozialministeriums in Stuttgart zwischen dem St. Josefskrankenhaus (SJK) und der Uniklinik Freiburg (UKFR) auf unbefristete Zeit und unkündbare geschlossene Vereinbarung über die Vorhaltung einer neonatologischen Intensivstation im SJK unter der Betreiberschaft der UKFR. Diese Vereinbarung wird nun von der UKFR nach jahrelangen Gesprächen ohne erkennbaren Grund gebrochen. Die UKFR wird den Betrieb der Neugeborenen-Intensivstation am SJK, der die geburtshilfliche Versorgung im Raum Freiburg sicherstellen sollte, nun nicht, wie vertraglich vorgesehen, fortführen.

Seit vielen Jahren steht die Geburtshilfe im SJK für eine selbstbestimmte und interventionsarme Geburtserfahrung für Mutter und Kind. Diese wird durch die Möglichkeit einer individuell auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittenen Geburt auf Grundlage der international gültigen Standards und Leitlinien geschaffen. Das Team rund um Chefärztin Dr. Bärbel Basters-Hoffmann ist nicht starren Abläufen und Vorgaben untergeordnet, vielmehr stellt es sich mit Wissen und Erfahrung, vor allem aber auch mit Empathie und allen Möglichkeiten eines modernen Krankenhauses mit angeschlossener Kinderklinik in den Dienst jeder einzelnen Gebärenden. Dieses Angebot wird von den Müttern der Region dankend angenommen. Viele wünschen sich für die Geburt eines Kindes eine Intimität, Familiarität und Geborgenheit, die in dieser Form in einem sehr großen Krankenhausbetrieb nicht zu gewährleisten wäre. 

Derzeit ist die UKFR das einzige Krankenhaus in Freiburg mit einem Perinatalzentrum Level 1. Bisher teilten sich das St. Josefskrankenhaus (SJK) und die UKFR die Versorgung von Geburten auf Level 2, die eine neonatologische Intensivversorgung erfordern. Soweit der Status quo, mit dem sich die Region in der Vergangenheit sicherlich bestens aufgestellt gesehen hat. Diese Grundlage – und damit im Übrigen auch die aktuell noch vorhandene Wahlmöglichkeit für werdende Mütter – ist jedoch mit Bezugsfertigkeit der neuen Kinderklinik in Freiburg gefährdeter als zunächst angenommen bzw. auch anders, als zwischen der UKFR und dem SJK ursprünglich vertraglich vereinbart. 

Das bedeutet im Einzelnen:

  • Keine Ausfallabsicherung mehr durch eine zweite Klinik im Falle von plötzlichen Engpässen, wie z. B. bei erhöhten Krankenständen in der Belegschaft. Damit gehen die Inkaufnahme einer nicht mehr adäquaten Versorgungssituation und daraus resultierende mögliche negative Konsequenzen für Mutter und Kind einher.
  • Keine Verteilung der Arbeitsbelastung der Pflegenden und Hebammen mehr, die teilweise bereits heute, trotz zweier Kliniken, weit über die eigentliche Belastungsgrenze hinausgehen müssen, um die klinische Versorgung jederzeit gewährleisten zu können.
  • Keine freie Wahl des Geburtsortes mehr für geschätzt 400 Schwangere, die bis jetzt durch das St. Josefskrankenhaus betreut werden konnten. Für alle Eltern, denen das Vorhandensein einer Neonatologie in der Wahl der Geburtsklinik entscheidend ist (und das sind die meisten),  kommt künftig nur noch die Uniklinik infrage. Zwar ist die Uniklinik willens, die bisher laufende Kreißsaalkooperation i. S. eines rufbereiten Neonatologen ähnlich weiterzuführen, diese ist jedoch auch wirklich auf den Kreißsaal beschränkt und steht in keinerlei Zusammenhang mit der intensivmedizinischen Versorgung der Neugeborenen – zumal es bis zu einer halben Stunde dauern kann, bis der Babynotarzt vor Ort ist.
  • Ein Abweichen vom nationalen Gesundheitsziel einer interventionsarmen und individuellen Geburtshilfe mit Senkung der Kaiserschnittrate und damit auch eine Beschränkung werdender Mütter in ihrem Selbstverständnis und ihrem Recht auf eine freie Wahl ihrer Geburtserfahrung.
  • Keine Alternative zum Kaiserschnitt mehr bei Beckenendlagen mit Absicherung durch 24h Kinderarztpräsenz, mehreren vorangegangenen Kaiserschnitten usw. in der gesamten Region – für werdende Mütter ein überaus sensibles und emotionales Thema.
  • Die maximale Strapazierung der Uniklinik-Kapazitäten mit fraglicher Auswirkung auf die Versorgungsqualität.
  • Eine exklusive Zuständigkeit der Neointensiv an der neuen Kinderklinik für alle Neugeborenen der Uniklinik Freiburg, des St. Josefskrankenhauses, der Diakonie, den Kliniken in Neustadt, Müllheim und Emmendingen.
  • Eine geringere Aussicht für Mütter von verlegten Neugeborenen, mit ihren Kindern zusammen verlegt zu werden – mit den entsprechenden Konsequenzen für Bindung und Stillen, von der emotionalen Zumutung für die von ihren Babys getrennten Müttern ganz abgesehen. Zwar macht die Uniklinik deutlich, dass eine gemeinsame Verlegung in jedem Fall versucht wird, eine Garantie kann es hierfür jedoch nicht geben.
  • Die zwangsweise Auslagerung weniger kranker Kinder nach Lörrach oder Offenburg, wenn in der neuen Kinderklinik viel Kapazität mit sehr kleinen Frühchen und/oder sehr kranken Kindern gebunden ist.
  • Eine Monopolstellung der Geburtshilfe der UFK Uniklinik Freiburg. Konkurrenz aber führt zu Weiterentwicklung, zu Verbesserungen, zu Selbstreflexion, zu Vielfalt in der Lehre und nicht zuletzt zu der Möglichkeit werdender Mütter, für die Geburt ihres Kindes genau den Ort zu finden, der zu ihnen passt.

Gegen diese Entwicklung protestierten am 31. Juli Hunderte auf dem Platz der Alten Synagoge ein und forderten eine Lösung entsprechend der ursprünglich geschlossenen Vereinbarun - für die bestmögliche Gesundheitsversorgung von Mutter und Kind in und um Freiburg.

 

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